„Rapunzel, Rapunzel, lass dein Haar herunter.“
Es gibt viele Türme, die in Deutschland als „Rapunzelturm“ bezeichnet werden. Ganz in der Nähe von Hardegsen zum Beispiel die Trendelburg in Hessen. Dieser Turm ist 40 Metern hoch, hat über 130 Stufen und sieben Meter dicke Wände. Hier kann unser Wachturm nicht mithalten, hat er doch lediglich 25 Stufen und ist acht Meter hoch, aber auch hier lässt Rapunzel das ein oder andere Mal ihren Zopf aus dem Fenster herunter und man kann die Aussicht über Hardegsen genießen.
ansehen
lesen
Rapunzel
von den Gebrüder Grimm
Es waren einmal ein Mann und eine Frau, die wünschten sich schon so lange vergeblich ein Kind. Doch endlich war die Frau schwanger.
Eines Tages sah sie aus dem Fenster und entdeckte im Garten einer Zauberin frische grüne Rapunzeln.
Sie bekam großes Verlangen nach denen, dass sie bald ganz blass und elend aussah.
„Ach“, seufzte die Frau, „wenn ich keine Rapunzeln aus diesem Garten zu essen bekomme, dann sterbe ich.“ Der Mann, der sie liebhatte, nahm all seinen Mut zusammen und schlich in der Abenddämmerung in den Garten.
Eilig erntete er eine Handvoll Rapunzeln und brachte sie seiner Frau, die sie sogleich aß. Sie hatten ihr aber so gut geschmeckt, dass sie am nächsten Tag dreimal so viel Appetit bekam. Also schlich der Mann wieder in den Garten. Doch dieses Mal sah er die Zauberin vor sich stehen.
„Wie kannst du es wagen, mich zu bestehlen?“, rief sie zornig.
„Das soll dir schlecht bekommen!“ Der Mann flehte um Gnade und gestand, warum er die Rapunzeln genommen hatte. Da sprach die Zauberin: „Nimm Rapunzeln, so viel du willst, doch du musst mir das Kind geben, das deine Frau zur Welt bringen wird. Es soll ihm bei mir gut gehen.“
In seiner Angst willigte der Mann ein. Als seine Frau bald darauf das Kind gebar, erschien die Zauberin, gab ihm den Namen Rapunzel und nahm es mit sich fort.
Rapunzel wurde das schönste Mädchen unter der Sonne. Als es zwölf Jahre alt war, schloss es die Zauberin in einen Turm im Wald ein, der weder Treppe noch Tür hatte. Nur ganz oben war ein kleines Fenster.
Wenn die Zauberin hereinwollte, rief sie: „Rapunzel, Rapunzel, lass dein Haar herunter.“
Rapunzel hatte lange prächtige Haare, die sie um einen Fensterhaken wickelte und der Zauberin hinabwarf. Die stieg daran herauf. Nach ein paar Jahren ritt ein Prinz durch den Wald und kam an dem Turm vorüber. Da hörte er ein Gesang, der war so lieblich, dass er anhielt und lauschte. Das war Rapunzel, die sich in ihrer Einsamkeit die Zeit vertrieb. Der Prinz wollte zu ihr hinaufsteigen, aber es war keine Tür zu finden. Er ritt heim, doch der Gesang hatte ihn so verzaubert, dass er nun jeden Tag in den Wald kam. Eines Tages beobachtete er, wie die Zauberin ihren Spruch rief und hinaufkletterte. Am Abend stellte er sich selbst vor den Turm und rief: „Rapunzel, Rapunzel, lass dein Haar herunter!“
Alsbald fielen die Haare herab und der Prinz stieg hinauf. Rapunzel erschrak gewaltig, als ein fremder Mann zu ihr hereinkam, doch der junge Königssohn war freundlich und erzählte ihr, wie sehr ihm ihr Gesang gefallen habe, so dass er sie selbst habe sehen müssen. Da verlor Rapunzel ihre Angst und als er sie fragte, ob sie mit ihm gehen möchte, sprach sie: „Ich will gern mit dir gehen, doch ich kann nicht hinab. So bring jedes Mal ein Strang Seide mit, daraus will ich eine Leiter für mich flechten.“
Der Königssohn kam nun jeden Abend und die Zauberin merkte nichts. Bis sich Rapunzel einmal verplapperte und den Königssohn erwähnte. Da wurde die Zauberin furchtbar böse, schnitt Rapunzels schöne Haare ab und brachte das Mädchen fort in eine Einöde, wo es von nun an elendig leben musste. Den abgeschrittenen Zopf knotete die Zauberin am Fensterhaken fest. Als der Königssohn am Abend kam, kletterte er arglos hinauf. Oben erschrak er: Die Zauberin erwartete ihn und rief höhnisch: „Rapunzel findest du hier nicht länger!“, bevor sie den Prinzen vom Turm stieß. Er fiel in einen Dornbusch, der ihm die Augen zerkratzte. Blind und verzweifelt irrte er nun durch das Land, bis er eines Tages den lieblichen Gesang einer vertrauten Stimme vernahm. Er hatte Rapunzel gefunden!
Weinend umarmten sie sich und Rapunzels Tränen benetzten seine Augen. Da wurden sie wieder klar und er konnte sehen wie zuvor. Zusammen gingen sie auf des Prinzen Schloss, wo sie noch lange glücklich lebten.
Der Rapunzelturm beim Tag des Denkmals 2022
Der Wachturm öffnete seine Tore im Rahmen des Tages des offenen Denkmals am 11. September 2022. Auch hier hat Rapunzel wieder ihre Haare herunter gelassen. Die Besucher konnten zwar nicht den Zopf hinauf klettern, aber den Berg hinauf und hinunter.
Aufgabe
Bastle doch mit deiner Familie deinen eigenen Rapunzelturm. Zum Beispiel aus Klopapierrollen und einem geflochtenen Zopf.
Wenn aus einem Wachturm ein Rapunzelturm wird.
Als es noch viele Ritter gab, wurden in Hardegsen eine Burg und eine große Stadtmauer gebaut. Damit Reisende in die Stadt hinein und die Einwohner aus der Stadt herauskamen, gab es zwei Türme mit großen Toren.
Insgesamt hatte die Stadtmauer acht Türme, damit die Ritter in alle Richtungen gut Ausschau halten konnten. Einer dieser Wachtürme ist heute noch zu sehen. Er steht in der Nähe der Mühle, wo noch immer ein kleiner Bach fließt. Links und rechts vom Turm gibt es noch einen Teil der Stadtmauer, die um die Stadt gebaut wurde. Früher war die Mauer 800 Meter lang, sechs Meter hoch und mehr als einen Meter breit.
Von dem heute noch erhaltenen Wachturm beobachteten die Ritter früher das Land rund um ihre Burg und hielten nach Feinden Ausschau. Das ging sehr gut, denn der Turm ist 11 Meter hoch. Um in das Turmzimmer zu kommen, muss man 25 Stufen gehen. Von hier oben hat man aus den vier Fenstern einen weiten Blick auf die Stadt. Außerdem ist durch eines der Fenster eine andere Burg zu sehen, nämlich die Burg Plesse. Als es die Ritter irgendwann nicht mehr gab, haben in den Wachtürmen oft Leute gewohnt oder gearbeitet.
Wer heute den Turm hinaufsteigt, kann sich im Turmzimmer einen ganz besonderen Stempelabdruck mitnehmen. Denn dort liegt ein Stempel, der das Bild des Wachturmes zeigt.
Unsere Märchen
Tischlein deck dich
„ Man findet wohl ein Tischlein deck dich, einen Goldesel und dergleichen: lauter gute Dinge,...
weiterlesenDas hässliche Entlein
„Anders sein – manchmal ganz schön schwer und traurig“ In dem Märchen „Das hässliche Entlein“...
weiterlesenDie Glocke
„Sobald die Kirchturmglocke läutet, beginnt ein einzigartiger Moment.“ Seine schönsten Momente, die lebenswichtigen Einschnitte in...
weiterlesenSterntaler
„Verschenkt Gold zu Weihnachten oder besonderen Anlässen.“ Diese Idee findet man auf der Homepage der...
weiterlesenDornröschen
„Dornröschen war ein liebes Kind, liebes Kind…“ Dieser Vers aus dem bekannten Kinderlied weckt doch...
weiterlesenDas fleißige Lieschen
„Tue Recht, scheue niemand! Richte nicht sofort höre erst des andern Wort!“ Dieser Spruch steht...
weiterlesenRotkäppchen
„Großmutter, Großmutter, warum hast du so große Augen? Damit ich dich besser sehen kann. Großmutter,...
weiterlesenHase und Igel
„Ich bin schon da“. Am Standort der alten Schule, wo früher die Hardegser Kinder, die...
weiterlesenFroschkönig
Der Eselsbrunnen ist bis heute unter den Hardegsern gut bekannt. Man kann seit einiger Zeit...
weiterlesenFrau Holle
„Du musst nur achtgeben, dass du mein Bett gut machst und es fleißig aufschüttelst, dass...
weiterlesenDer Wolf und die sieben Geißlein
Puuh, sich ganz schnell ein Versteck aussuchen, wenn Gefahr lauert, gar nicht so einfach. Welche...
weiterlesen